Weibliche Genitalverstümmelung –
Female Genital Mutilation (FGM/C)

Hierbei handelt es sich um eine seit Jahrtausenden praktizierte Tradition. Betroffen sind vor allem Subsahara-Regionen Afrikas aber auch Länder wie Ägypten, Jemen und Irak. Schon vor der Verbreitung der Weltreligionen wurde hier die weibliche Genitalbeschneidung durchgeführt. Leider sehen wir, dass sich die Tradition in letzter Zeit nach Indonesien und Malaysia verbreitet hat. Durch Migration ist auch nunmehr auch Europa betroffen.

Weltweit schätzt WHO auf ca. 200 Millionen betroffene Frauen.

Durch Tansania läuft die afrikanische Südgrenze dieser schrecklichen Tradition. Betroffen sind somit die nördlichen Regionen des Landes, hier sind zum Teil bis zu 80 % der Frauen genitalverstümmelt. Es sind vor allem die Maasai, die Wakuria und verwandte Ethnien, die diese Tradition weitertragen. In Tansania werden vor allem die FGM/C – Formen Typ 1 und 2 praktiziert. (s.u.)

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es vier verschieden Formen der FGM/C:

FGM/C-Typ 1: Hierbei wird die Klitoris teilweise oder komplett abgetrennt. In einigen wenigen Fällen lediglich die Haut über der Klitoris.

FGM/C-Typ 2: Hierbei wird die Klitoris teilweise oder komplett entfernt. Außerdem werden die inneren Schamlippen und in einigen Fällen auch die äußeren abgeschnitten.

FGM/C-Typ 3: Hierbei wird die Vagina zugenäht, sodass nur eine kleine Öffnung für Urin und Menstruation bleibt. Dazu werden häufig Teile der äußeren Geschlechtsorgane abgetrennt und als Haut-Verschluss genutzt. Bei dieser Form der Beschneidung wird häufig auch die Klitoris entfernt.

FGM/C-Typ 4: Unter Typ 4 fallen alle weiteren, schädigenden Prozeduren, die ohne medizinischen Beweggrund durchgeführt werden. Dazu gehören: Verätzungen, Piercings, Ritzen, Einschneiden, Stechen im Genitalbereich.

FGM Illustration
Arten der weiblichen Genitalbeschneidung. (Illustration mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Welle 2022)

Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung

Akute gesundheitliche Konsequenzen:

Schmerzen. Blutung-Schock-Tod. Verletzungen-Harn/Stuhl-Inkontinenz. Außergenitale Verletzungen. Infektionen-Blutvergiftung. Wundstarrkrampf-Aids-Hepatitis. Akuter Harnverhalt-Nierenbecken/Gebärmutter- Entzündung.

Langfristige Komplikationen:

Erschwertes Wasserlassen-Blasensteine-Chronische Nierenentzündungen. Chronische Unterleibsinfektionen-Sterilität-Fistelbildung. Wucherndes Narbengewebe. Menstruations-Stau. Schmerzhafte Regelblutungen.

Geburtshilfliche Komplikationen:

Schwere Entbindungen-Geburtsstillstand. Geburtsschäden des Kindes-Totgeburt. Geburtsverletzungen-Risse-Fistelbildung. Blutungen. Infektionen. Erhöhte mütterliche Sterblichkeit.
Konsequenzen für das Sexualleben: Schmerzen beim Verkehr. Geschlechtsverkehr nicht möglich, evtl. erst nach Op. Sexuelles Empfinden gestört, herabgesetzt. Gestörte Paarbeziehung.

Psychische Konsequenzen:

Traumatisierung bei der Verstümmelung. Vertrauensverlust. Totale Verdrängung (Dissoziation). Angstreaktionen. Verhaltensstörungen. Depressionen. Psychosomatische Störungen.

Soziokulturelle Aspekte

Die Folgekomplikationen der weiblichen Genitalbeschneidung werden nicht als solche erkannt, es ist das Schicksal aller Frauen in der Gruppe.

Das Thema Verstümmelung und Sexualität ist für viele Betroffenen mit Tabu/Schweigepflicht belegt. Somit ist jede Frau damit allein gelassen.

Fehlende Kenntnisse über den menschlichen Körper, somit ist der Zustand nach einer Verstümmelung das Normale.

Armut verhindert Aufklärung und Verhaltensveränderung

Aufklaerungsarbeit
NAFGEM Projektmanagerin Honoratha Raymond zeigt an einem Modell die verschiedenen Formen von FGM/C
FGM Werkzeuge
„Werkzeuge“ die die Beschneiderinnen für ihr grausiges Werk benutzen
FGM Rasierklinge
Der Eingriff erfolgt ohne Betäubung und unter meist unhygienischen Bedingungen

Gründe der praktizierenden Ethnien,
ihre Mädchen zu beschneiden

1. Psychologische Gründe:

Kontrolle der Frauensexualität, die, wie manchmal gesagt wird, „unersättlich ist“, wenn Teile der Geschlechtsorgane, besonders die Klitoris, nicht entfernt werden.

„Beschneidung“

  • sichert die Jungfräulichkeit vor der Ehe und Treue später
  • vergrößert männliches sexuelles Vergnügen

2. Soziologische und kulturelle Gründe:

FGM/C wird als ein Teil einer Einleitung eines Mädchens ins Frausein und als ein Teil des kulturellen Erbes einer Gemeinschaft gesehen. Manchmal setzen Mythen über weibliche Geschlechtsorgane die Praxis fort.

z.B. dass:

  • eine unbeschnittene Klitoris zur Größe eines Penis wachsen wird
  • FGM/C die Fruchtbarkeit erhöht
  • FGM/C die Kindersterblichkeit bei der Geburt senkt

3. Hygiene und ästhetische Gründe:

In einigen Gemeinschaften werden die weiblichen Außengeschlechtsorgane als schmutzig und hässlich betrachtet und werden entfernt, um scheinbar Hygiene und Ästhetik zu fördern.

4. Religiöse Gründe:

Obwohl FGM/C weder vom Islam noch vom Christentum gutgeheißen wird, werden religiöse Doktrinen häufig verwendet, um die Praxis zu rechtfertigen.

5. Sozioökonomische Faktoren:

In vielen Gemeinschaften ist FGM/C eine Vorbedingung für die Ehe.

Wo Frauen größtenteils von Männern abhängig sind, können wirtschaftliche Gründe ein Hauptfaktor des Verfahrens sein. FGM/C ist manchmal eine Vorbedingung für das Recht der Frau Erbansprüche erwerben zu können.

Es ist oft auch die Haupteinkommensquelle für die Beschneiderinnen.

6. Medizinisch:

FGM/C als Behandlung gegen „Lawalawa“. Eine Pilzinfektionen der weiblichen Genitalen. Die Infektion entsteht durch mangelnde Hygiene der weibliche Geschlechtsorgane, infolge von Wassermangel oder verschmutztem Wasser und fehlendem Hygienewissen.

Wahre Gründe FGM/C zu praktizieren

  • Soziokultureller Mechanismus, den Frauenstatus zu kontrollieren.
  • Sozialer Druck (Eltern, Großfamilienmitglieder, Dorfälteste).
  • Verbunden mit der traditionellen Religion, in der nur beschnittene Mädchen und Frauen an bestimmten Ritualen teilnehmen dürfen.
  • Gibt Frauen sozialen Status und Anerkennung.
  • Die Vorbedingung zur traditionellen Ehe (FGM/C in Verbindung mit Zwangsheirat).
  • Unerfahrenheit bei dem Wissen um Anatomie und Physiologie der weiblichen Geschlechtsorgane.
  • Unwissenheit über die lebenslangen Auswirkungen von FGM/C.
  • Einkommensquelle durch höheren Brautpreis durch FGM/C.
Aufklaerungsarbeit
NAFGEM Geschäftsführer Fancis Selasini bei der Aufklärungsarbeit im Dorf eines geflüchteten Mädchens
FGM Werkzeuge
Er versucht dabei vor allem den einflussreichen Dorfältesten zu überzeugen

Mädchen in der Schule

  • Werden oft gezwungen, die Schule abzubrechen, um FGM/C durchzuführen (danach Zwangs-/Kinderheirat).
  • FGM/C wird heimlich während der Schulferien praktiziert.
  • Mädchen werden in ein anderes Umfeld / Schulen / Regionen gebracht, um FGM/C zu verschleiern.